Schwerpunkte

Kunstrückgabe

Mauerbachbestand – „erb-“ und „herrenlose“ Kunstwerke

Eine Besonderheit innerhalb des Themas der Kunstrückgabe stellt der so genannte „Mauerbach-Bestand“ (benannt nach dem Aufbewahrungsort Kartause Mauerbach in Niederösterreich) dar: Dabei handelt es sich um jenen Restbestand an Kunstobjekten, der von den Alliierten im Jahr 1955 mit der Auflage, die rechtmäßigen EigentümerInnen zu suchen und Rückstellungen zu tätigen, an die Republik Österreich übertragen wurde. Österreich kam dieser Verpflichtung mit den beiden Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetzen aus den Jahren 1969 (BGBl 294/1969) bzw. 1986 (BGBl 2/1986) jedoch nur zögerlich und mangelhaft nach. Kritisch aufgezeigt wurde die Situation im Dezember 1984 durch den Artikel „legacy of shame“ von Andrew Dekker in der Zeitschrift Artnews.

1995 glaubte die Republik Österreich mit dem Thema abschließen zu können, indem sie den „Mauerbach-Bestand“ an den Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs übereignete. In Erfüllung des entsprechenden gesetzlichen Auftrages (BGBl 515/1995) ließ dann der Verband den Bestand im Rahmen einer Auktion von Christie’s im Museum für Angewandte Kunst (MAK) im Oktober 1996 zugunsten bedürftiger NS-Opfer versteigern.




Abbildung 1 / Katalogscan

12% des Erlöses wurde den drei NS-Opferverbänden zugunsten bedürftiger Mitglieder überwiesen. Mit dem Rest wurde der Mauerbach-Fonds gespeist, der die Gelder an bedürftige jüdische NS-Verfolgte in und aus Österreich zur Auszahlung brachte.

Die Problematik der kollektiven Versteigerung zeigte sich einige Jahre später, als sich die Provenienzforschung als neue Hilfswissenschaft bzw. Disziplin zu etablieren begann: Durch die auf den Rückseiten der Bilder aus dem „Mauerbach-Bestand“ vermerkten Aufschriften, Depotvermerke und Nummern sowie durch die Erschließung und Zugänglichmachung von entsprechenden Beständen in den österreichischen Archiven (Bundesdenkmalamt, Österreichisches Staatsarchiv) wäre die Identifikation von einigen der ehemaligen EigentümerInnen möglich gewesen.


Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis tritt die IKG Wien heute für die restlose Ausschöpfung aller vorhandenen Forschungs- und Recherchemöglichkeiten hinsichtlich vermeintlicher so genannter „erb-“ und „herrenloser“ Kunstgegenstände ein. Die Versteigerung solcher Kunstwerke zu kollektiven Zwecken – das Kunstrückgabegesetz ermächtigt die zuständigen Bundesminister, jene Objekte, deren EigentümerInnen nicht mehr festgestellt werden können, an den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zur Verwertung zu übereignen – kann lediglich die Ultima Ratio darstellen.